Bislang habe ich nicht viel vom Trend zu SmartHome und so weiter gehalten, aber seit ich mir eine fritz!Box zugelegt habe komme ich auf den Geschmack.
Meine Wohnung wird intelligenter?
Wer braucht schon "Smart"?
Eigentlich bin ich sehr technikaffin und habe ein Faible für kleine Gadgets und Spielereien. Insofern wäre die Geschichte mit "Smart Homes" die seit ein paar Jahren immer moderner werden wie für mich gemacht, aber ich hatte mich lange nicht dafür begeistern können.
- Die Zentrale und einzelne Module sind recht teuer
- Die meisten Systeme speichern die Konfiguration auf dem Server des Herstellers und setzen eine Internetverbindung voraus. Damit speichert man aber sehr persönliche Daten irgendwo im Internet - wann ich zu Hause bin, wann ich gehe und wann die beste Zeit zum Einbrechen ist. Das ist mir nicht so wirklich recht.
- Die Hersteller fordern meist eine monatliche Gebühr und ich bin total abhängig von diesem Hersteller. Wenn er entscheidet dass der Server abgeschaltet wird ist die gesamte teure Hardware nur noch Elektroschrott.
- Und zuletzt - wozu? Ich kann das Licht, die Heizung und die Rolladen durchaus direkt bedienen und habe nicht das Bedürfnis das über das Internet zu steuern.
Das Einzige was ich mir wirklich gewünscht habe ist dass die Rolladen automatsch geschlossen werden wenn es dunkel wird und sich wieder öffnen wenn es hell wird. Dazu müsste ich aber einen erheblichen Aufwand treiben denn in meiner Altbauwohnung gibt es natürlich keinen Strom der die Motoren der Rolladen versorgen könnte.
Es gibt auch diverse Eigenbaulösungen wie FHEM, Homeassistant und so weiter die oft auf einem einfachen Raspberry Pi laufen. Leider ist diese einzurichten und zu konfigurieren in den meisten Fällen nicht besonders einleuchtend.
Nun gut, ich sollte besser schreiben "war nicht besonders einleuchtend" denn ich habe die Suche schon seit einiger Zeit eingestellt. Es ist durchaus möglich dass es inzwischen auch kostenlose Plug&Play-Lösungen für den Laien gibt. Home Assistant habe ich kürzlich angeschaut und es sieht auf den ersten Blick nicht schlecht aus.
Spielereien mit der fritz!box
Die fritz!Box bietet jedoch ein einfaches SmartHome-Interface und irgendwann kaufte ich mir einen passenden Thermostaten dazu. Im Winter hatte ich nämlich oft das Problem dass ich entweder vergaß die Heizung herunterzudrehen wenn ich morgens zur Arbeit ging - oder ich dachte daran und wenn ich nach Hause kam war es zu kalt.
Zwar hätte es auch ein einfacher zeitgesteuerter Thermostat getan, aber so viel billiger waren die auch nicht, und die Oberfläche der fritz!Box macht das Ganze sehr einfach bedienbar.
Wehret den Anfängen!
Über ebay kam ich dann auch einmal billig an eine DECT Schaltsteckdose die ich zuerst für die Beleuchtung meines Schreibtisches einsetzte. Allerdings ist der manuelle Ein-Aus-Schalter direkt an der Steckdose und damit schwer zu erreichen, und das Licht immer über die App an- und auszuschalten ist selten dämlich. Darum wanderte die Steckdose ins Bad wo sie mittels einer weiteren Zeitschaltung dafür sorgt dass ich morgens beim Duschen die Nachrichten hören kann.
Tatsächlich sorgte diese Steckdose dafür dass ich auch lange nichts weiter in Sachen Heimautomation unternommen habe. Es war umständlich und brachte wenig Vorteile. Um richtig wirksam zu sein benötigt ein solches System vernünftige Sensoren, und ich hatte keine und meines Wissens kann die fritz!Box damit auch nicht umgehen.
Jetzt aber doch!
Ende 2017 kam dann ein großer Schritt in Richtung Automatisierung, und zwar eher aus Zufall. Die Deckenlampe im Wohnzimmer hatte ich vor einiger Zeit schon mit Halogen-Energiesparlampen ausgerüstet, aber diese brannten gefühlt schneller durch als es Glühbirnen je getan haben. Ich glaube dieser "Schritt Richtung Umweltschutz" hat mehr geschadet als geholfen...
Jedenfalls war ich auf der Suche nach einer hübschen Lampe und stieß dabei auf die Philips Hue-Lampen, Leuchtmittel und zugehörige Funkschalter. Diese haben mich gleich angesprochen.
In meiner Wohnung ist die Elektrik nämlich etwas merkwürdig. Abgesehen davon dass es zu wenig Steckdosen gibt funktionieren nicht alle Lichtschalter oder sind an ungünstigen Stellen. Ich habe zwar einige Lampen an schaltbaren Steckdosen, aber da ich diese nach und nach gekauft habe verwendet jede eine eigene Fernbedienung - und diese liegt meistens an der falschen Stelle
Diese Lampen und die bestehenden Lichtschalter durch einheitliche Funkschalter zu ergänzen klang sehr reizvoll und ich forschte in diese Richtung weiter - aber die Preise für die Hue-Lampen sind extrem hoch.
Ein Artikel auf heise.de wies mir dann den Weg zu Ikea's TRADFRI-Sortiment. Da ich sowieso frei hatte und ein paar andere Dinge benötigte fuhr ich nach Ulm und legte mir ein Starterset mit Birne und Fernsteuerung zu.
Ikea TRÅDFRI
Das TRADFRI-Sortiment ist deutlich billiger als das von Philips. So gibt es eine einfache dimmbare Lampe schon für knapp sieben Euro - die billigste Hue die ich finden konnte kostet 15€. Das Startset das ich mir kaufte lag mit einer farblich einstellbaren LED-Birne und einer Fernbedienung bei 35€. Den für die Automatisierung notwendigen Gateway hatte Ikea nicht vorrätig, aber nachdem ich die Birne getestet und für gut befunden hatte fand ich auf ebay ein Set mit Gateway für etwa 50€.
Aufbau
Das größte Problem ist eigentlich die Komponenten auszupacken. Ikea hat diese in widerliche Blister verpackt die nur mit massiver Gewaltanwendung zu öffnen sind. Und die Kanten sind dann derart scharf dass man sich leicht die Finger daran schneiden kann, also Vorsicht! Ikea sollte sicherheitshalber Schnittschutz-Handschuhe beilegen...
Die Installation ist einfachst: man ersetzt nur die bestehende Birne durch das TRADFRI-Modell und die Lampe schaltet sich ein wenn man den Lichtschalter umlegt. Damit geht schon mal keinerlei Funktionalität verloren.
Die weiteren Fahigkeiten der Lampe kann man aber nur mit der Fernbedienung verwenden. Diese können bis zu zehn Lampen steuern, alle Lampen die an einer Fernbedienung hängen verhalten sich dann gleich.
Das Zuordnen geht denkbar einfach, man prokelt hinten das Batteriefach auf. Dort findet man einen Knopf den man gedrückt halten muss während man die Fernbedienung nahe an die Lampe hält. Diese fängt dann an zu flackern und pulsieren, sobald das aufhört sind die beiden Geräte vereint.
Das geht relativ einfach, lediglich bei Lampen mit mehreren Birnen kann es notwendig sein die Birnen einzeln einzusetzen da sonst die falsche Birne zugeordnet wird.
Vier mal drücken löscht die bisherigen Einstellungen.
Ich weiß nicht ob es möglich ist eine Lampe mehreren Fernbedienungen zuzuorden. Ich habe es später mit Dimmer und Bewegungsmelder versucht was zunächst nicht funktioniert hat, aber ich vermute dass der Dimmer einen Schuss hat oder die beinahe leere Batterie hier Probleme verursacht.
Praxis-Erfahrungen
Positiv:
Das einfache Startset sorgte schon dafür dass ich die Stehlampe deutlich häufiger nutzte als zuvor, und die verschiedenen Lichtfarben fand ich - besonders im düsteren Winter - sehr angenehm. Also bestellte ich das Startset mit Gateway, denn auch über die Fernbedienung sind nicht alle Funktionen und Farben verfügbar.
Nach einer Woche war ich ziemlich angetan von der ganzen Geschichte - mehr als ich ursprünglich gedacht hatte. Ich hatte das Licht im Ess- bzw. Durchgangszimmer so programmiert dass es sich morgens automatisch einschaltet. Da der Lichtschalter neben der Schlafzimmertür nicht funktioniert hatte ich bisher immer durch das dunkle Zimmer laufen müssen. Kein großes Problem und es hat bisher 10 Jahre funktioniert - aber Licht zu haben war doch sehr angenehm.
Die Fernbedienungen habe ich nahe der Lichtschalter an der Wand befestigt, aber auch wenn diese mal nicht zur Hand sind bekommt man Licht: Schaltet man die Lampen aus und wieder ein springen sie direkt zur letzten Leuchtstufe.
Auch die einstellbare Lichtfarbe im Wohnzimmer hatte einen deutlich angenehmeren Effekt als ich mir vorgestellt hatte. Insgesamt sehr gut angelegte 100€.
Negativ:
Was mir nicht so gefallen hat ist die Funktion "Sonnenaufgang" die in der App angeboten wird. Sie wird beschrieben als "blendet die Lampen über eine halbe Stunde Dauer langsam ein" um mich sanft zu wecken. Glücklicherweise habe ich die Zeit auf fünf Minuten vor Sieben eingestellt, denn Punkt 6:25 wurde mein Schlafzimmer taghell.
Vielleicht liegt das daran dass ich im Schlafzimmer die billigen 6,99€-Birnen eingebaut habe, aber auch diese sollten eigentlich dimmbar sein. Aber auch die niedrigste Dimmstufe ist hell genug mich sofort wach werden zu lassen.
Mit dem zehn Euro teuren Dimmer bin ich nicht sehr zufrieden. Das Anbinden der Leuchten war etwas hakelig und im Moment (einen Tag nachdem ich ihn ausgepackt habe!) funktioniert er gar nicht mehr. Allerdings zeigte die App ihn direkt nach dem (auch sehr schwierigen) Anbinden als "Batterie fast leer" an, möglicherweise ist sie inzwischen komplett leer. Ich probiere das erneut wenn ich neue Batterien habe, aber im Moment empfehle ich die fünf Euro Mehrpreis für die Fernbedienung zu investieren.
Auch eine der Fernbedienungen wurde in der App als "Batterie schwach" angezeigt. Es wird also wohl sinnvoll sein einen Haufen CR2032-Batterien zu kaufen.
Und zu Guter Letzt findet der Gateway die Birne im Flur nicht. Das liegt aber vermutlich daran dass meine Wohnung aus den sechziger Jahren ist und extrem stabile Stahlbeton-Wände hat. Ich habe den Gateway im Moment neben meinem PC weil dort sowohl eine Steckdose als auch ein Netzanschluss frei waren. Ich werde ihn am Wochenende mal verlegen.
Und nicht vergessen: die Blister sind ein Graus.
Die Technik des Gateway
Um die Leuchten über das Gateway und damit über die TRADFRI-App verwenden zu können müssen die Leuchten bestimmten Fernbedienungen zugeordnet werden. Diese Fernbedienungen wiederum müssen beim Gateway angemeldet sein. Da sie dazu zurückgesetzt werden müssen verlieren sie die Zuordnung zu den bisherigen Leuchtmitteln. Diese Verbindung muss anschließend wieder aufgebaut werden. Also bevor man herumspielt erst alle Fernbedienungen beim Gateway anmelden!
Jedes Bedienelement hat bei mir beim Anlegen einen neuen Raum definiert, aber man kann alle Elemente in der App zwischen den Räumen verschieben, damit kann man vermutlich auch mehrere Bedienelemente in einem Raum haben. Dazu habe ich noch nicht genug Fernbedienungen.
Ich habe es bisher nicht geschafft eine Birne mehreren Fernbedienungen zuzuordnen. Das könnte aber daran liegen dass ich das bisher nur mit dem Bewegungsmelder zusammen mit dem Dimmer versucht habe und wie oben beschrieben der Dimmer ein wenig zickig war.
Dummerweise gibt es die Fernbedienungen nur in einer Ausführung. Spätestens wenn man mehrere Leuchtgruppen eingerichtet hat besteht eine erhebliche Gefahr die Fernbedienungen zu verwechseln. Den Dimmer gibt es immerhin in mehreren Farben, bei den Fernbedienungen muss man selbst Hand anlegen.
Die App
Man wird beim Einrichten sehr schön von der App unterstützt. Allerdings hatte ich etwas Probleme beim Einrichten der Bedienelemente, denn die App sagt gegen Ende "..und warte bis hier eine Meldung erscheint". Leider erschien diese Meldung nur sporadisch und ich habe meine Bedienelemente x Mal zurückgesetzt und neu angemeldet weil ich dachte etwas hätte nicht funktioniert.
Als ich dann frustriert aufgab sah ich dann dass das Bedienelement doch erkannt worden war und auch so viele neue Leuchtgruppen angelegt worden waren wie ich Versuche gemacht hatte. Offenbar hatte die App die Anmeldung des Bedienelements nicht mitbekommen.
Im normalen Betrieb sieht man immer erst einmal die Leuchtgruppen, man kann dort ihre Helligkeit steuern. Um diese zu schalten muss man sie erst auswählen. Hier hätte man meiner Meinung nach schon auf dem Hauptschirm einen Ein/Aus-Schalter einbauen können. Aus dem Hauptschirm ist es möglich die Lampen abzuschalten wenn man ihre Helligkeit auf minimal stellt oder links des Reglers tippt.
Der Schirm der Leuchtgruppen beinhaltet dann einen großen Helligkeitsregler, einen etwas zu kleinen Ein/Aus-Schalter und Felder für die einzelnen Leuchten. Dadurch kann man über die App Leuchten einzeln steuern, über die Fernbedienungen geht das nur insgesamt. Leider wird bei Benutzung der Fernbedienung alles wieder synchronisiert, ich kann also keinen helleren Spot auf mein Lieblingsbild legen und die anderen Bilder etwas dunkler beleuchten ohne eigene Leuchtgruppen für diese anzulegen.
Leider wird auch auf einem Tablet der Platz nicht besser genutzt als auf einem Telefon. Ich hatte gehofft ich könnte mehr Zimmer auf einmal sehen als auf dem Telefon, aber leider werden die Symbole lediglich größer dargestellt.