Bau meiner Drehscheibe
Wie ich schon im Baufortschritt für 2017 geschrieben habe beschloss ich nach langer Überlegung mir eine Drehscheibe anzuschaffen auch wenn das aus betrieblicher Sicht wenig Sinn macht. Allerdings sind die gängigen Drehscheiben extrem teuer. Das Exemplar von Roco das zu meinem Gleissystem passen würde kostet über 300 Euro, und die ältere Drehscheibe von Fleischmann geht auf ebay immer für um die zweihundert Euro weg. Dabei ist dann noch keinerlei digitale Steuerung, ein Dekoder kostet auch noch einmal zwei- bis dreihundert Euro. Ohne einen solchen Dekoder haben diese Drehscheiben nur Schalter "fahre links/rechts bis das nächste Gleis getroffen wird", auch wenn die Schalter der Drehscheiben sehr oft so aussehen als ob man direkt ein Gleis anwählen könnte. Meist regeln sie auch gleich die Polarisierung der Gleise mit, denn auch darauf muss man achten bzw. ein Kehrschleifenmodul speziell für die Bühne installieren.
Einkauf
Nach einiger Suche und nachdem ich mich in diversen Foren informiert hatte entschied ich mich für eine Drehscheibe von Walthers für etwa 90 Euro. Sie stellt zwar ein amerikanisches Modell dar, aber das war mir dann egal. Das Ganze ist ein Plastikbausatz und sehr einfach gestrickt, aber die Probleme kamen dann im Laufe der Zeit.
Im Wesentlichen besteht der Bausatz aus der Grube und der Bühne die wiederum aus zwei größeren Teilen besteht. Schienen sind logischerweise keine dabei und auf der Oberseite der Bühne wird nur grob angedeutet wo die Schieben sitzen sollen.Befestigungsmöglichkeiten oder Führungen für die Schienen sind Fehlanzeige - aber das ist vielleicht besser, denn wer weiß ob die amerikanischen Führungen für meine deutschen - bzw. österreichischen da Roco - Schienen passen würden.
Die Bühne hat noch einen zentralen Masten der die Stromzuführung der Bühne simulieren soll - das soll keine Oberleitung darstellen sondern die Stromversorgung der Drehscheibenmotoren selbst. Im Modell hat das Teil keine Funktion und ich werde es wohl weglassen.
Ich bin auch noch nicht ganz sicher ob ich die Drehscheibe mit Oberleitung versehen will - tendiere aber nicht dazu da sie ein Relikt aus alten Dampflokzeiten darstellen soll das eher aus musealen denn aus praktischen Gründen beibehalten wurde.
Farbgebung
Bei der Bemalung war ich nicht ganz sicher was passen würde.
Klar, die Grube wird betongrau und ich habe sie gleich noch etwas eingesifft, aber mit der Bühne bin ich noch nicht so ganz zufrieden. Ich habe den unteren Teil mit einer dunklen Metallfarbe bemalt ("Boltgun Metal" von Games Workshop), aber das kam extrem dunkel heraus und sieht mir zu sauber aus. Rost usw. nachzumalen war ziemlich schwer denn aufgrund der dunklen Farbe sieht man ihn die anderen Farben kaum. Vermutlich werde ich das ganze Teil noch mit einem staubigen Grau überpinseln, aber ob das dann zusammen mit dem Metalleffekt wirkt weiß ich noch nicht.
Auch die Bretter auf der Bühnenoberseite sind mir zu dunkel geraten und sehen zu neu aus - nach einer Nachbehandlung mit Ocker sind sie zwar ausgewaschener, kommen mir aber zu gelb vor. Da muss ich noch einmal nacharbeiten, aber das hat noch etwas Zeit.
Zusammenbau
Der Zusammenbau ist relativ einfach, lediglich das Lager der Brücke in der Grube ist ein Ring aus irgendeiner Form von Weichplastik das schlecht auf Plastikkleber reagiert und nicht hält. Vermutlich soll das Material die Reibung verringern und das Drehen leichter machen.
Ich habe den Ring dann mit Hartkleber fixiert, aber er sitzt eigentlich so gut dass auch das nicht notwendig ist. Die Führungen auf der Kreisschiene sind mehr zur Dekoration als als richtige Stütze da - es sind zwar kleine Plastikräder da aber sie sitzen nie alle gleichzeitig auf der Schiene und die Lager sind auch nicht dazu gedacht irgend eine Last aufzunehmen.
Die Bühne passt auch trotz sorgfäligem Zusammenbau nicht ganz und blieb an manchen Stellen an der Grube hängen. Ich vermute dass hier das amerikanische System von Inch und Fuss für zu große Toleranzen sorgt, denn richtig ordentlich passten die Teile nicht we man an den Spalten sieht. Erst großzügige Bearbeitung mit Schmirgelpapier sorgte für einen einigermaßen gleichmäßigen Lauf.
Kleinteile wie das Geländer und die Stromzufuhr habe ich dann erst einmal wegggelassen, diese werden aufgeklebt wenn alls fertig ist, sonst mache ich mir permanent alles wieder kaputt.
Die Schienen habe ich dann befestigt indem ich ein ausreichend langes Stück Gerade abschnitt und die Schwellen entfernte. Ich war mir nicht sicher ob auf der Drehscheibe auch Schwellen liegen würden, entschied aber dass das komisch aussieht und vermutlich nicht der Fall wäre. Also habe ich die Schwellen entfernt und die Gleise auf beiden Seiten in gerade Schienen eingespannt um den korrekten Abstand zu halten. Da die Bühne länger ist als ein Stück Gleis G1 und ich dort keine Schienenverbinder haben wollte musste ein G4 herhalten - Flexgleis sollte man besser nicht verwenden denn es ist so flexibel dass ich nicht sicher bin ob er Abstand ohne Schwellen eingehalten wird. In die Mitte der Gleise wurde je ein Kabel für die Stromversorgung angelötet.
Bevor die Gleise mit viel Hartkleber und einigen Zwingen fixiert wurden prüfte ich mit mehreren Fahrzeugen und Einzelachsen ausführlich ob der Abstand auch passt.
Nachdem ich den Kleber sehr lange habe trocknen lassen trennte ich die Gleisenden mit meinem Dremel ab und schliff die Gleise bis an das Ende der Bühne herunter - immer vorsichtig darauf achtend dass nichts zu heiß wurde um das Plastik der Bühne nicht zu schmelzen.
Der Antrieb und Versorgung der Gleise
Der Motor für die Drehscheibe wird vom Verkäufer separat mitgeliefert und ist ein recht einfaches Teil. Nicht mal irgendwelche Schalter sind dabei, und die Anleitung beschränkt sich auch darauf zu erwähnen dass 12V eine etwas zu hohe Drehgeschwindigkeit erzeugen. Über ein großes Zahnrad unter der Grube wird die Bühne bewegt, der Strom zu den Schienen kommt über zwei Schleifer. Mit einer einfachen Schaltung habe ich den Motor mal an mein Labornetzteil angeschlossen und etwas herumexperimentiert. Dabei kam ich zu drei Ergebnissen:
- ist es eine elende Fummelei den Antrieb, die Schleifer und die Abdeckung des Getriebes ordentlich anzubringen
- sind 9-10V tatsächlich ein Wert der eine eingermaßen gut aussehende Drehgeschwindigkeit erzeugt
- ist der Motor unglaublich laut, insbesondere da er über die Abdeckung direkt mit der Grube verschraubt ist die alle Vibrationen hervorragend überträgt und verstärkt
Mit einem Dreiwegeschalter baute ich die Drehscheibe dann provisorisch in meine Anlage ein und testete ob die Zufahrten und besonders die Höhe der Gleise passen würde. Glücklicherweise stimmte meine verherige Planung - aufgrund der Wendel muss ich allerdings das ganze Paket etwas höher legen. Die Steigung in der Zufahrt wird zwar etwas steiler sein als allgemein empfohlen, aber über diese Gleise fahren ja keine kompletten Züge sondern nur einzelne Lokomotiven. Die mit denen ich es getestet hatte machten jedenfalls keine Probleme.
Die Lautstärke des Motors ist allerdings heftig und die Positionierung mittels Schalter ist auch nicht gerade das Ware. Aber es funktionierte, und Platz für einen Lokschuppen ist auch noch.
Steuerung
Geplant war es zwei Sperrsignale auf die Bühne zu bringen und die Drehung über einen Arduino zu steuern. Da ich nur zwei Kontakte habe und damit ohne großen Aufwand nur Digitalstrom auf die Bühne legen kann würde in die Bühne ein Funktionsdekoder integriert der die Beleuchtung regeln würde. Der Arduino würde auch als Dekoder geschaltet so dass möglicherweise Rocrail die Bühne ansteuern kann. Allerdings fand ich keine Hinweise darauf welche Befehle Rocrail hier versendet. Das hat aber auch noch etwas Zeit bis der Mechanismus funktioniert.
Idee 1 - Magnete und Hallsensoren
Der erste Gedanke war es in die Bühne einen Magneten einzubauen und an jeder Stelle wo ein Gleisabgang ist entweder einen Reed-Kontakt oder einen Hallsensor anzubringen. Der Magnet würde dann den Schalter betätigen und der Arduino könnte die Drehung anhalten.
Ich hatte auch Magnete die durch die Wand der Grube hindurch erkannt wurden, allerdings war das Signal nicht genau genug um die Gleise ordentlich auszurichten. Ich hätte pro Gleis noch speichern müssen wie lange die Bühne weiterdrehen muss um exakt positioniert zu sein. Das hätte noch in zwei Richtungen erfolgen müssen, je nachdem ob sich die Bühne im oder gegen den Urzeigersinn dreht. Diese Werte zu erfassen wäre ziemlich aufwendig geworden.
Weiterhin ist damit die Anzahl der Gleise begrenzt, denn für jeden Zugang benötige ich einen Sensor und damit einen Eingang am Arduino. Somit wären vielleicht nur sechs bis acht Abgänge möglich bevor ich aufwendigere Schaltungen benötige.
Idee 2 - Schrittmotor statt des Walther-Antriebs
Das Arduino-Kit das ich mir kaufte enthält unter Anderem einen Schrittmotor mit passendem Treiber.
Diese Art von Motor kann sehr genau positioniert werden, denn pro Puls den man an den Motor sendet dreht er sich um eine feste Gradzahl, meist 1,8°. Damit kann man 200 Positionen anfahren und das mit sehr hoher Wiederholgenauigkeit.
Erste Versuche das Teil mit dem Arduino anzutrieben waren aber fruchtlos. Die Standard-Library zur Steuerung dieser Motoren führte zu gar nichts. So googlte ich die Typenbezeichnung und landete auf einer Instructables-Seite auf der ein Stück Code angeboten war das aber leider auch nicht funktionierte. Aber immerhin hatte ich so eine Grundlage auf der ich weiterarbeiten konnte. Dazu musste ich mich zwar tief in die Funktionsweise von Schrittmotoren einarbeiten und eine eigene Funktionsbibliothek zu deren Steuerung schreiben, aber in einem Testaufbau funktionierte das Prinzip.
Anm.: inzwischen habe ich eine deutsche Seite gefunden auf der das Problem beschrieben und gelöst wird. Aber etwas zu spät...
Der Grundgedanke war statt pro Gleis einen eigenen Sensor zu verbauen nur noch einen einzelnen Sensor zu setzen und diesen als Position Null zu definieren. Die Position der Gleise kann dann in 1,8-Schritten ausgehend von dieser Position bestimmt werden, und das reicht von der Genauigkeit her um Lokomotiven auf die Gleise fahren zu lassen ohne dass sie entgleisen.
Ein weiterer Vorteil ist dass man sogar einfach das anzufahrende Gleis angeben kann und das Modul selbst die Drehrichtung bestimmt, je nachdem welche Richtung kürzer ist. Außerdem habe ich meine Bibliothek so geschrieben dass der Arduino nicht blockiert wird während eine Drehung läuft. So kann ich ihn noch andere Dinge machen lassen, zum Beispiel ein Warnblinklicht ansteuern während die Scheibe dreht oder Ähnliches.
Allerdings war der billige Schrittmotor viel zu schwach um die Bühne zu bewegen und kann auch nur 96 Positionen anfahren. Also fing ich an zu suchen und kaufte mehr oder weniger auf das Geradewohl einen Schrittmotor auf ebay sowie die dazu nötige Treiberplatine.
Idee 2b - ein stärkerer Schrittmotor
Bis der neue Schrittmotor ankam und ich wieder Zeit hatte mich mit der Drehscheibe zu beschäftigen war viel Zeit vergangen und ich hatte schon das Meiste wieder vergessen was die Steuerung angeht. Darum brauchte ich wieder mehrere Tage bis der neue Motor sich endlich drehte.
Dann begann die Tauchsaison und ich kam erst im April wieder zur Drehscheibe. Und wieder funktionierte der Motor nicht. Da es schon funktioniert hatte ging ich davon aus dass irgend etwas kaputt gegangen sei und war zunächst einmal frustriert und legte das Projekt zur Seite. Im August stellte sich aber heraus dass ich irgendwann den richtigen Code mit dem falschen überschrieben hatte und ich konnte anhand des Motor-Datenblattes die Steuerungssequenz wieder herstellen.
Auch die mechanischen Probleme löste ich Ende August. Statt des Zahnrades das bisher die Bühne sicherte kommt ein einfacher Splint zum Tragen und der Motor wird direkt mit der Achse der Bühne gekoppelt - zumindest mal vorerst. Schnell wurden die Rangiersignale installiert und die Verkabelung erstellt - und siehe da, alles funktioniert.
Da die Motortreiber angeben mit 5-12V zu arbeiten und mit 12V alles recht warm wurde habe ich versucht den Motor direkt vom Arduino zu versorgen. Das funktioniert so lange er die Bühne nicht antreibt, sobald ich ihn aber mit der Bühne verbinde zuckt er nur noch. Erst wenn ich den Strom auf 10-11V erhöhe dreht er die Bühne.
Durch die Fahrtrichtung kann ich schalten ob die Signale rot oder weiß sind und auch das Licht im Kontrollhäuschen sollte schaltbar sein. Da ich den Lokprogrammer zur Zeit nicht hatte versuchte ich die Zuordnung zu einer Funktionstaste über CVs zu programmieren - und dann roch es plötzlich etwas merkwürdig und nichts funktionierte mehr. Schnell stellte sich der Dekoder als Übeltäter heraus - sieh Bild. Entweder hatte ich mich bei den CVs vertan oder an der Verkabelung geschlampt.
Jetzt benötige ich erst einmal einen neuen Dekoder - und zu allem Überfluss ist auch noch eines der Kabel vom Gleis gebrochen. Das wieder anzulöten ohne die Bühne zu schmelzen wird sicherlich auch ein toller Spass.
Leider ist die Bewegung der Bühne ziemlich ruckartig, auch nachdem ich auf Halbschritte umgestellt habe. Vielleicht hänge ich noch ein Getriebe zwischen Motor und Bühne um eine flüssigere Bewegung erreichen zu können. Alternativ wäre auch möglich statt der Halbschritte das sogenannte "Microstepping" einzusetzen, für den Arduino beschrieben habe ich es hier gefunden. Evtl. wäre es am Einfachsten ein anderes Treibermodul zu verwenden, das überlege ich noch.
Software
Im Moment stelle ich mir für die manuelle Bedienung vor dass ich drei Knöpfe und ein Display habe. Im Normalmodus dienen die Knöpfe dazu das nächste Gleis im oder gegen den Uhrzeigersinn anzufahren. Der dritte Knopf hat keine Funktion, oder vielleicht ein "drehe die Bühne um 180°" damit er nicht ganz nutzlos ist. Drückt man links und rechts gleichzeitig kommt man in den Programmiermodus. Hier stellt man mit Links und Rechts eine Gleisnummer ein und wählt sie mit dem dritten Knopf an. Dann kann man die Bühne mit links und rechts verfahren.