GEZ gegen Carsten und Carsten

Auf einer alten Sicherung habe ich diesen Text gefunden der meine Erlebnisse mit der GEZ während meiner Ausbildung schildert.  


GEZ gegen Carsten (den es nicht zwei mal gibt!)


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GEZ gegen Carsten (den es nicht zwei mal gibt!)


Meine Odyssee mit der GEZ begann während meines Studiums, das war im Jahr 1991 wenn ich es noch richtig weiß. Mit einigen Kommilitonen wohnte ich in Böblingen in einem Wohnblock der zum Wohnheim der Akademie für Datenverarbeitung umfunktioniert worden war.


Studenten-Gebühren


ExWohnheimEines Nachmittags klingelte es und draussen stand eine Frau die meinte sie sei vom SWR, habe vom Einwohnermeldeamt erfahren dass wir hier eingezogen sind und würde gerne prüfen ob wir auch alle unsere Rundfunkgeräte angemeldet haben. Da aus mehreren Zimmern lautes Radio tönte war es nicht möglich zu behaupten wir hätten nichts dergleichen. Es war mir auch egal denn wie ich die Dame sofort informierte: "Wir sind alles Studenten, wir sind befreit". Aber nein, das sind wir nicht, klärte sie mich auf - wir wären genau so gebührenpflichtig wie alle, könnten uns aber die Gebühren vom Sozialamt ersetzen lassen. Wir müssten nur auf den ersten Bescheid warten und bis dahin die Kosten auslegen. Nach etwas hin und her meldete sie uns an und erklärte dass in wenigen Monaten ein Gebührenbescheid mit Teilnehmernummer kommen würde mit dem wir dann zum Sozialamt gehen könnten.


So geschah es dann auch. Ich zahlte erst einmal die Gebühren, und als ich die Teilnehmernummer aus dem Bescheid vorliegen hatte beantragte ich die Übernahme der Kosten beim Sozialamt.


Dieser Antrag wurde prompt abgelehnt, eine Begründung erfuhr ich zunächst nicht.


Weitere Nachfragen wurden dadurch erschwert dass die zuständige Mitarbeiterin in Urlaub war. Ihre Vertretung empfahl mir einfach den Antrag noch einmal zu stellen - meinen Einwand dass ohne neue Fakten doch zwangsläufig eine weitere Ablehnung erfolgen würde konnte sie nicht nachvollziehen.


Wenig überraschend wurde auch der zweite Antrag abgelehnt, aber diesmal erfuhr ich wenigstens warum: ich hatte zu wenig Geld.


Tatsächlich lebte ich zu diesem Zeitpunkt von dem (Taschen)Geld sowie regelmäßigen Plünderfahrten zum mütterlichen Kühlschrank. Auch meinen Nebenjob beim Fraunhofer-Institut hatte ich im Vorjahr beendet um mich voll auf die Prüfungen konzentrieren zu können. So lag mein Einkommen offenbar unter dem Existenzminimum, und das kann ja gar nicht sein, also musste ich irgendwo gelogen haben. 


Mein Fall war inzwischen vom Sozialamt zum SWR gewandert - warum auch immer. Die Dame die mir das alles mitteilte war relativ unangenehm und teilte mir auch süffisant mit dass diese Entscheidung endgültig sei. Wenn ich noch etwas ändern wollte, so sagte sie in einem etwas hämischen Tonfall, dann müsste ich schon den SWR verklagen.


Also verklagte ich den SWR.


Der SWR übernimmt!


 


SWRWenn ich mich noch recht erinnere ging es zwar nur um etwa dreissig Mark, aber einerseits ging es mir da eher ums Prinzip, und andererseits hatte ich wirklich wenig Geld und jede Mark zählte.


Die ganze Geschichte ging glücklicherweise rein schriftlich.


Nachdem ich dem Richter die Lage geschildert, Kopien meiner Kontoauszüge geschickt und versichert hatte weiter kein Vermögen zu haben bekam ich auch Recht und die GEZ-Gebühren wurden vom Sozialamt übernommen.


Allerdings erst ab dem Zeitpunkt zu dem ich den Antrag gestellt hatte: Entgegen der Aussage der GEZ-Agentin hätte ich nämlich SOFORT zum Sozialamt gehen müssen, auch ohne Teilnehmernummer, man hätte mir eine temporäre Nummer gegeben und die Kosten sofort übernommen. So blieb ich auf etwa fünfzehn Mark sitzen, das verbuchte ich dann als Lehrgeld.


Ohne dass es mir bewußt wurde hat mir das wohl auch einen Eintrag in meiner GEZ-Akte eingebracht dass ich ein Querulant sei.


Durch die Nachforschungen im Rahmen der Klage war ich danach ziemlich versiert in Sachen GEZ und Rundfunkgebühren. So wusste ich auch dass ich mit Ende des Studiums und meinem Wiedereinzug zu Hause keine Gebühren mehr zahlen muss und meldete mich sofort ab. Soweit, so gut.


Grober Fehler meinerseits!


Ich hatte Glück, bekam schnell eine Anstellung und zog etwa zwei Monate nach Ende des Studiums in eine eigene Wohnung.


Da das Einwohnermeldeamt während des Studiums meine Adresse an die GEZ weitergegeben hatte ging ich davon aus dass das auch wieder geschehen würde und meldete mich erneut bei der GEZ an. Schließlich nutzte ich mein Radio ja auch ausgiebig, und es ist ja nur fair dafür einen Obulus zu entrichten. Es kamen immer wieder Gebührenbescheide, ich bezahlte sie und hielt die Sache damit für abgeschlossen.


Aber nein. Irgendwann, ich hatte gerade Freunde zu Besuch, klingelte es und vor der Tür stand erneut eine Dame des SWR und sagte ihr Sprüchlein auf. Diesmal bat ich sie nicht herein und erklärte mit einem leichten Gefühl von "Ich hab\'s ja gewusst" dass ich meinen Gebührenzahlerpflichten bereits nachkommen würde.


Sie war natürlich bei mir weil ich ihrer Meinung nach nicht zahlen würde, und es kam dann heraus dass ich einen gravierenden Fehler gemacht hatte: ich hatte bei meiner Abmeldung nicht in die Zukunft gesehen und wusste darum nicht dass ich mich bald neu anmelden würde. Wenn man nämlich für weniger als drei Monate mit der Zahlung aussetzt muss man sich UM-melden, nicht (wie ich) AB- und NEU anmelden. Was dadurch passiert war ist dass ich durch die Neuanmeldung eine neue Teilnehmernummer erhalten habe und die alte weiterhin in den Akten war, vermutlich mit dem Vermerk "dieser Kerl hatte schon einmal ein Radio, und bestimmt hört er jetzt schwarz! Obacht!".


Aber, so sagte die GEZ-Agentin, alles sei kein Problem denn ich müsse ihr nur die neue Nummer sagen, dann könne sie das regeln. Leider hatte ich die Bescheide wie alle Rechnungen nach der Bezahlung gleich weggeworfen, fand auch nichts wo meine Nummer vermerkt war und überhaupt, ich hatte gerade eine Party am Laufen. Also gab mir die Dame ihre Karte, ich solle ihr die T-Nummer mitteilen sobald ich sie hätte.


Gleich am nächsten Tag rief ich bei der GEZ an. Es musste ja möglich sein anhand meines Namens die mir zugeordneten Nummern herauszufinden. Allerdings war das dem Sachbearbeiter nicht möglich - er fand mich nur unter der Böblinger Nummer die ich ja schon von meinem unangemeldeten Besuch kannte. Die neue Nummer fand er nicht oder wollte sie nicht finden. Also wartete ich auf den nächsten Gebührenbescheid.


Als ich einen Bescheid hatte fand ich allerdings die Karte der GEZ nicht mehr. Ein Anruf bei deren Zentrale ergab nur eine Bestätigung dass mir zwei Nummern zugeordnet sind, aber ändern konnte man dort angeblich nichts weil das Sache des SWR sei. Die Mitarbeiterin herauszufinden war angeblich auch nicht möglich. Nach einigem Hin und Her und vielen Wochen später hatte ich dann alle Teilnehmernummern sowie die Telefonnummer der Dame, aber bei dem Anruf sagte sie nur dass es jetzt zu spät sei denn ihre Vorgesetzte habe mich nun zwangs-angemeldet. Später fand ich übrigens heraus dass sie es selbst gemacht hatte, aber offenbar hatte sie nicht genug Arsch in der Hose um das zuzugeben.


Der doppelte Carsten


Fortan flatterten mir zwei Gebührenbescheide ins Haus, einer über die ältere Nummer aus dem Studium, einer über die neu angemeldete Nummer. Komischerweise besass ich auf dem älteren Bescheid nun auch einen Fernseher - vermutlich hatte die Dame bei der Kontrolle meinen PC-Monitor gesehen und als Fernseher eingestuft was er definitiv nicht war, und TV-Karten waren damals fast so teuer wie ein Fernseher - Fernsehen über das Internet gab es eh\' nicht.


Fazit: der SWR wollte zweimal Geld von mir, einmal sogar mit der Gebühr für einen nicht vorhandenen Fernseher.


Es begann ein langer Telefonmarathon bei dem ich erfolglos versuchte dem SWR beizubringen dass ich nur einmal existiere. Auch Briefe, egal ob sachlich, sarkastisch, freundlich, oder humoristisch gestaltet zeigten keine Wirkung. Erschwert wurde das Ganze dadurch dass sich der damalige Leiter der Rechtsabteilung (ein Herr Boudgoust) meinen Fall zu eigen gemacht hatte.


Mehr als einmal kam ich nicht weiter weil ich zwar einen Sachbearbeiter an der Leitung hatte, dieser auch ob der Dicke meiner Akte beeindruckt war, er aber nichts machen konnte da ein Vermerk in der Akte die Bearbeitung durch andere als den Chef selbst verbot. Außerdem schien es kompliziert zwei Probleme gleichzeitig anzugehen - einmal meine "Verdoppelung" und andererseits die Berechnung des Fernsehers den ich nicht besaß.


Ich hatte immer mehr den Eindruck dass seitens der GEZ kein Interesse bestand die Sache aufzulösen - schließlich bekamen sie auf diese Art für die gleiche (Nicht-)Leistung zwei Mal Geld. Ich zahlte zwar brav meine Radiogebühren für das "neue" Konto, aber auf dem alten Konto stapelten sich die Forderungen.


Irgendwann stand dann tatsächlich der Gerichtsvollzieher vor der Tür. Dieser hatte zwar Verständnis für die Situation, hatte aber einen Vollstreckungsbescheid und musste kassieren - glücklicherweise nur einen Teil der inzwischen sehr hohen Forderung.


Er erklärte mir auch wie es dazu kam dass nur ein Teil der Forderungen einzutreiben ist. Meine Zahlungen und alle Forderungen der GEZ gingen in einen gemeinsamen Topf (Moment Mal - woher wissen die dass sie einen einzelnen Topf nehmen müssen wenn sie nicht zugeben wollen dass ich nur einmal vorhanden bin?), und die älteste Forderung wird mit den neuen Zahlungen verrechnet. Da ich mit meiner Zahlung dann ja bewiesen hatte zahlen zu wollen wurde das Mahnverfahren wieder aufgeschoben und mit neuen Fristen versehen. Kurz vor Ablauf der Fristen erhielt ich den nächsten Gebührenbescheid, zahlte wieder und das Ganze ging wieder von vorne los. Vermutlich hätte ich das Spiel bis in alle Ewigkeit so weiter treiben können, aber ich hatte kurz vorher eine Zahlung vergessen so dass die Forderung an den Gerichtsvollzieher ging.


Durch den ungerechtfertigten Verlust von etwa hundert Mark angespornt intensivierte ich meine Versuche die Sachlage zu klären, kam aber wieder nicht weiter.


Persönliches Eingreifen ist immer noch am besten


Also beschloss ich mit Herrn Boudgoust persönlich zu reden. Selbstverständlich bekam ich keinen Termin und nahm die Sache selbst in die Hand.


Ausgerüstet mit Getränken, Proviant und Lesestoff fuhr ich in die Stuttgarter Zentrale des SWR und informierte den Pförtner dass ich mit Herrn Boudgoust reden möchte. Als dieser entgegnete dass dies ohne Termin nicht möglich wäre erklärte ich dass ich mich dann eben in den Eingang setzen und auf ihn warten würde. Er möge mir lediglich bitte sagen wer Herr Boudgoust sei wenn dieser komme.


Das machte ich dann auch: ich setzte mich im Haupteingang so zwischen den Durchgangstüren auf den Boden dass ich möglichst vielen Leuten im Weg war, breitete mich möglichst weit aus, packte mein Buch aus und begann zu lesen.


Wenige Minuten später stand eine Sekretärin vor mir, bot mir Kaffee an und versprach dass Herr Boudgoust in Kürze bei mir sein würde.


So war es dann auch, und nach einem ausführlichen Gespräch wurde eigentlich alles geklärt. Einige Tage später war die neue Nummer gelöscht, die doppelten Forderungen zurückgenommen und fast alles gut. Leider nur fast, denn für die Zeit der doppelten Führung war immer noch ein Fernseher aufgeführt und berechnet. Da das Fernsehen der dickste Anteil an den Gebühren war wollte ich das nicht auf sich sitzen lassen.


Jetzt noch der Fernseher


Diese Forderungen loszuwerden erwies sich dann als schwierig, denn wenn die GEZ einmal einen Eintrag hat gilt dieser so lange als bewiesen bis zweifelsfrei feststeht dass er nicht stimmt.


Und wie kann ich nachweisen dass ich in der Vergangenheit keinen Fernseher hatte? Sollte ich alle Elektroläden abklappern und einen Nachweis über den Nichtkauf eines Fernsehers verlangen? Unter einem Lügendetektor aussagen? Eine einfache Mitteilung und diverse Anrufe reichten dem SWR jedenfalls nicht aus.


Im Endeffekt lief es dann auf eine erneute Klage gegen den SWR und die Gebührenbescheide hinaus.


Diesmal war eine echte, mündliche Verhandlung angesetzt und ich nahm sicherheitshalber auch einen Anwalt.


Zum Verhandlungstermin sagten dann die Vertreter des SWR kurzfristig ab so dass mein Anwalt und ich eine Privatvorstellung erhielten. Dem Richter reichte eine Aussage meinerseits aus (ich weiß nicht mehr ob das unter Eid war oder einfach im Gespräch) und der Fernseher wurde juristisch von meinen Bescheiden entfernt. Allerdings, so sagte er, könne er nur auf die Bescheide Einfluss nehmen die ich vorlegen kann - und das waren nur etwa zwei Drittel da ich besonders zu Beginn der Geschichte einige einfach weggeworfen hatte. "Praktischerweise" konnte der SWR mir auch keine Kopien zur Verfügung stellen - quasi existieren die Bescheide nicht. Bezahlen musste ich sie aber dennoch.


So bekam ich etwa zu zwei Dritteln Recht und hätte auch zwei Drittel der Prozesskosten vom SWR erhalten müssen, die aber nach meiner letzten Information "vergessen" haben diese zu begleichen. Dies waren aber nur wenige Mark und da diese Kosten von meiner Rechtschutzversicherung übernommen wurden habe ich das dann auf sich beruhen lassen. Vielleicht haben sie auch irgendwann gezahlt, das habe ich dann Anwalt und Rechtschutz aushandeln lassen.


Allerdings ärgere ich mich immer noch über die Fernseher-Gebühren die ich zahlen musste obwohl sie eigentlich nicht gerechtfertigt waren. Insbesondere die Tatsache dass eine Kontrolleurin ohne jeglichen Einblick in meine Wohnung behaupten kann ich hätte einen Fernseher und das dann ehernes Gesetz wird nervt mich. Sobald nämlich eine Meldung erfolgt ist werden die Gebühren fällig, und man muss sie zahlen egal ob sie rechtens sind oder nicht. Oder, streng genommen, sie sind rechtens (da Gesetz), wenn man dann erfolgreich nachweisen kann dass die Grundlage der Forderung falsch ist ("Isch \'abe gar geinen Fernsähär!") erstattet die GEZ die Gebühren wieder zurück. Wenn man es denn beweisen kann und es denn nicht vergessen wird.


Fazit: wollte man damals jemanden ärgern musste man ihn nur im Online-Formular der GEZ mit 42 Ferienwohnungen (alle mit Fernseher) anmelden. So lange die GEZ das untersucht muss das Opfer erst einmal für diese Fernseher zahlen und später das Geld zurückfordern.


Seit 2013 zahlt jetzt aber sowieso jeder...


Seit 2013 ist das aber hinfällig, denn die GEZ hat entdeckt wie man das Internet ohne Gegenleistung als Geldquelle benutzen kann: da es ja theoretisch möglich ist dass irgend jemand im Büro auf seinem 386er-PC eine Webseite der ARD oder ZDF aufruft und dabei über einen Stream stolpert muss jetzt jeder der irgend etwas Elektronisches besitzt volle Rundfunkgebühren zahlen. Die GEZ würde wohl auch gerne für Rasierapparate mit Display für die Batterieanzeige kassieren (schließlich könnte ja mal jemand das Ding so umprogrammieren dass man damit fernsehen kann), tut das aber vorerst mal nicht denn jeder Haushalt muss ja eh\' schon zahlen.


Die großen Verlierer sind die Firmen die einen Internetanschluß haben - und da alle Firmen inzwischen Daten elektronisch ans Finanzamt übermitteln müssen sind das einfach alle.


Was ich aber für das Schlimmste halte: die GEZ wird wie bisher weiter bestehen, eher noch wachsen will.


Warum? Keine Ahnung, vermutlich um all\' das zusätzliche Geld zu wenden das durch die "Reform" herein kommt.